Zitternd in die Luft

Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie in Allensbach leidet fast jeder sechste Deutsche an extremer Flugangst. Die meisten von ihnen verzichten deswegen ganz darauf zu fliegen. Doch auch unter den Fluggästen sind viele nicht frei von Angst: Sobald die Maschine vom Boden abhebt, zeigt jeder Dritte Merkmale von Flugangst: Schweißausbrüche, feuchte Hände, Magenprobleme, Kopfschmerz, und, und, und.

Wer sich bei jedem Flug panisch in die Armlehne seines Sitzes krallt, befindet sich in guter bzw. prominenter Gesellschaft. Auch die Schauspielerin Penélope Cruz oder der US-Regisseur Scorsese haben Angst vorm Fliegen. Und selbst starken Männer wie Boxweltmeister Wladimir Klitschkow bringt Flugangst zum zittern.

Die Gründe für Flugangst sind vielfältig. Nur bei den Wenigsten wurde sie durch ein selbst erlebtes negatives Flugerlebnis ausgelöst. Etliche Menschen fürchten sich sogar vor dem Fliegen, ohne je an Bord eines Flugzeugs gewesen zu sein. Meistens ist es Furcht vor dem Absturz und dem technischen Versagen der Maschine, die den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Da nützt es auch wenig zu wissen, dass das Flugzeug statistisch gesehen das sicherste Verkehrsmittel ist. Bei Panik über den Wolken schlägt nämlich häufig das "Beifahrer-Syndrom" zu. Darunter verstehen Psychologen die Schwierigkeit, damit klarzukommen, einem anderen ausgeliefert zu sein. Nur solange der Mensch Dinge selbst beeinflussen kann, fühlt er sich sicher.

Viktor W. Ziegler, Autor des Buchs "Das Erfolgsprogramm für entspanntes Fliegen", nennt als größten Feind des Flugreisenden "die Angst vor dem Unbekannten". Sein Tipp: Gegen Flugangst hilft, sich schlau zu machen, wie ein Flugzeug funktioniert. So sei es schon beruhigend zu wissen, dass ein Passagierflugzeug selbst beim Ausfall aller Treibwerke nicht einfach vom Himmel fällt, sondern noch 200 Kilometer gleiten kann. Oder dass alle Instrumente im Cockpit eines Flugzeugs mindestens in doppelter Ausführung vorhanden sind.

Vielen von Flugangst Geplagten reicht das aber nicht aus. Denn die Liste der möglichen Angstursachen ist lang: Platzangst beispielsweise, oder allgemeiner Stress, der zunächst gar nichts mit dem Fliegen zu tun hat. Auch Trennungsangst kann hinter der Panik stecken. Den Ursachen und möglichen Lösungen kommt man am besten bei Flugangstseminaren auf die Spur.

Flugangst kostet Geld

Viele Fluglinien nehmen inzwischen die Ängste ihrer potentiellen Kunden ernst und veranstalten Kurse zum Thema „entspanntes Fliegen“. Denn: Flugangst kostet die Unternehmen bares Geld. Studien des Flugzeugherstellers Boeing ergaben, dass jährlich Flugtickets im Wert von zwei Milliarden Dollar zusätzlich verkauft werden könnten, wenn nicht so viele Menschen wegen ihrer Flugangst auf andere Verkehrsmittel umsteigen würden.

Unter den Teilnehmern der Kurse befindet sich der vielreisende Manager ebenso wie Ferienflieger, oder das alte Ehepaar, das endlich die Enkel in Australien besuchen möchte. Die Seminarangebote der seriösen Anbieter ähneln sich im Grunde: Zunächst wird den flugängstlichen Teilnehmern Wissen übers Fliegen vermittelt. Doch dann müssen sie der Ursache ihrer Angst auf die Spur kommen. Denn so unterschiedlich die Gründe für die Flugangst sind, so unterschiedlich ist auch der Weg, sie zu bekämpfen.

Oft reicht es, spezielle Entspannungstechniken zu üben. Manchmal hilft auch Hypnose. Sowie die Reise im Flugsimulator. Oder man verbringt Zeit in einem am Boden stehenden Flugzeug. Dort können Flugängstlichen quasi in einer Trockenübung die Atmosphäre eines Flugzeugs erschnuppern, ohne dabei abheben zu müssen. Als letzter Punkt steht bei den meisten Seminaren dann ein Kurzstreckenflug durch Deutschland an, den die Kursteilnehmer mit dem Betreuer antreten. Hier muss so mancher Kursleiter nochmals alle seine psychologischen Kniffe in die Waagschale werfen, um die Flugängstlichen dazu bewegen, die Maschine zu betreten. Zum Mitfliegen wird aber keiner gezwungen. Trotzdem: Die meisten Seminare sind nach Angaben der Münchner Agentur Texter-Millott, die mit Lufthansa kooperiert und Flugangstseminare anbietet, erfolgreich. 45 Prozent der Kursteilnehmer gab an, nicht mehr unter Flugangst zu leiden. Und immerhin jeder Dritte sagte, seine Furcht habe durch das Seminar zumindest nachgelassen.